Hier gibt es so einiges zu Entdecken


Kinderspass und Mitmachwerkstatt

Das Schwarzwälder Freilichtmuseum Vogtsbauernhof

Sieht aus wie ein Dorf, ist aber ein Museum: Wer wissen will, wie im Schwarzwald gelebt und gearbeitet wurde und dies mit allen Sinnen nachempfinden möchte, ist hier richtig

Container

Leben, Wohnen, Arbeiten, im Schwarzwald brauchte es dazu früher nur ein Dach. Wie darunter in den verschiedenen Regionen gelebt wurde, zeigt eindrucksvoll das Freilichtmuseum Vogtsbauernhof in Gutach, übrigens das älteste in Baden-Württemberg.

Sechs typische, voll eingerichtete Schwarzwaldhöfe aus dem 16. bis 19. Jahrhundert. Dazwischen Bauerngärten, ein Tagelöhnerhaus und viele Nebengebäude wie Mühle, Backhaus, Säge, Schmiede und sogar eine Kapelle. Und – sehr zur Freude der Kinder – jede Menge Tiere. Mensch und Tier unter einem Dach, ein Raum zum Leben, einer zum Schlafen: Die historischen Bauernhäuser entführen in das Leben von einst und lassen ahnen, dass dies alles andere als einfach war. Ein Museum zum Entdecken, Erleben und Mitmachen, in dem man den traditionellen Handwerkern noch über die Schulter schauen kann, wie beispielsweise dem Besenbinder, der Spinnerin, der Weberin, dem Kuckuckspfeifenbauer oder der Bollenhutmacherin. Dazu Sonderführungen, Ausstellungen und Themen- und Aktionstage für Groß und Klein zum Mitmachen.

Seinen Namen bekam das Freilichtmuseum vom ursprünglichen Vogtsbauernhof, einst Sitz des Talvogts in Gutach. 1612 stand der Hof bereits hier, erzählt bis heute von dem Leben der Menschen im Guttachtal. So wie auch die anderen Häuser auf dem Gelände, die Architektur und Lebensweise der jeweiligen Region, aus der sie kommen, repräsentieren. Das Freilichtmuseum Vogtsbauernhof ist immer von März bis November geöffnet. 

Weiter Infos finden Sie auch auf der Homepage des Museums: https://www.vogtsbauernhof.de/

Freilichtmuseum Vogtsbauernhof in Gutach
Freilichtmuseum Vogtsbauernhof in Gutach © Hans-Jörg Haas

Dachboden der Kindheit im Hotzenwaldhaus

Ein Besuch auf dem „Dachboden der Kindheit“ ist wie eine Reise in eine andere Welt. Als Kinder noch auf Schaukelpferden ritten, mit  Puppen spielten, mit Bauklötzen bauten. Für manche eine nostalgische Erinnerung, für Kinder ein spannendes Abenteuer.

Karlsruhe, hat die Schätze aus den Kinderzimmern von einst in rund 40 Jahren zusam-mengetragen. Viele historische Stücke seiner umfangreichen Sammlung haben jetzt im Hotzenwaldhaus im Freilichtmuseum Vogtsbauernhof eine neue Heimat gefunden. „Weißt du, als ich klein war...“, ein Satz, den man oft hört im Dachgeschoss des Hotzenwaldhauses. Während für die Großen der Besuch auf dem „Dachboden der Kindheit“ ein Ausflug in die Kinder- und Jugendzeit ist, ist er für die Kleinen, denen Tablet und Handy vertrauter sind als Kinderkarussell, Schaukelpferd und Kasperletheater, eher ein kleiner Abenteuerspielplatz, den es zu erobern gilt.

Was sich wohl unter dem Deckel verbirgt? Neugierde ist keine Frage des Alters, wie man auf dem „Dachboden der Kindheit“ schnell feststellen muss. Insgesamt sechs Holzkisten warten darauf, geöffnet und entdeckt zu werden. Darin „versteckt" sind einzigartige Miniaturausstellungen nach  verschiedenen Themenbereichen geordnet wie beispielsweise „Reise durch die Welt“ oder „Schule“ – und alle mit viel Liebe zum Detail  zusammengestellt.

Lust aufs mitmachen? 

Offene Museumswerkstatt im Hotzenwaldhaus

„Man muss Menschen mögen“ – der, der das sagt, mag sie: Seit über zwölf Jahren begeistert Ewald Lehmann in der Offenen Werkstatt im Hotzenwaldhaus Groß und Klein zum Mitmachen. 
Lange Arbeitstische mit Werkzeug, an den Wänden Bausätze, aus denen einmal Pfeifen, Waldwichtel, Schlüsselbretter oder auch Laternen werden sollen, am kleinen Verkaufstresen bereits fertige Kuckucksflöten, die nicht nur „Kuckuck“ rufen, sondern auf denen auch der Kuckuck Platz genommen hat. Wer sich eine solche selbst machen möchte, ist herzlich willkommen in der Offenen Werkstatt im Hotzenwaldhaus. Wer noch nie hier war, erkennt auf seinem Rundgang durchs Freilichtmuseum Vogtsbauernhof schnell, dass nur mal reinschauen hier Fehl-anzeige ist. Hinschauen ist hier angesagt, bei den vielen Mitbringseln und Accessoires aus Holz, die mit ihrer Schlichtheit bezaubern. An den Arbeitstischen, an denen immer einer vor sich hin werkelt. „Lust mitzumachen?“ Viele scheinen nur auf die Frage des freundlichen kleinen Mannes mit der großen blauen Schürze und den fröhlichen Augen gewartet zu haben. Ewald Lehmann mag die Menschen, das spürt man, und die kleinen und großen Menschen mögen ihn. Weil er immer einen lustigen Spruch auf den Lippen hat: „jetzt dürft ihr gleich bohren, aber nicht in der Nase“. Weil er weiß, was Menschen suchen: den kleinen persönlichen Erfolg. „Selbstwertgefühl hat nichts mit Leistung zu tun“ ist er überzeugt. Das Arbeiten bei ihm in der Offenen Werkstatt soll Spaß machen und: „ein gutes Gefühl geben.“  

Das ist sein Motto seit über zwölf Jahren. „Angefangen hat es mit handwerklichen De-monstrationen“, erinnert sich Lehmann. Aber es stellte sich schnell heraus, dass vor allem die Kinder selbst etwas machen wollten. Lehmann reagierte, holte sich die Erlaubnis beim Schuldirektor im Ort und fing im Technikunterricht mit den Kindern an, Kuckuckspfeifen zu bauen. Heute werden Pfeifen, Wasser- und Windräder und vieles mehr im Museum gebaut. Was nicht bedeutet, dass man nicht auch dort ein wenig Unterricht machen kann, erklärt Lehmann verschmitzt und plaudert so ganz nebenbei über angewandte Physik, als ob er in seinem Leben nie etwas Anderes gemacht hat. 

Ewald Lehmann ist „Lehrer“ aus Leidenschaft. Einer, der es genau wissen will und das, was er nicht weiß, sich an Wissen aneignet. Er ist ein Autodidakt, „mein ganzes Leben lang schon“, wie er nicht ohne Stolz bemerkt. Eigentlich ist er Metzger, hat aber auch als Koch und im Lüftungsbau gearbeitet. Seine Leidenschaft jedoch gehörte immer dem Holz und der Musik. Die Liebe zum Holz hat er vom Großvater geerbt, der in der Land- und Forstwirtschaft tätig war. Die Liebe zur Musik hat er vom Vater, der nach dem Krieg als Instrumentenbauer arbeitete. So wundert es nicht, dass Lehmann sich das Arbeiten mit Holz und auch das Violine- und Geigespielen selbst beigebracht hat. Letzteres natürlich nicht ohne guten Grund: „schließlich muss man die Musik kennen, eine Terz aufbauen können, wenn man Flöten bauen und spielen will“. Ewald Lehmann hat keinen Beruf, er hat seine Berufung gefunden. In den warmen Mo-naten in der Werkstatt im Hotzenwaldhaus, im Winter zu Hause, wenn er Bausätze und Souvenirs für den Verkauf anfertigt. Dann trifft man auch mal Sonja Lehmann an der Schleif- und Bohrmaschine, die „gute Seele“ im Hotzenwaldhaus, die ihren Mann tagtäglich bei der Arbeit unterstützt, die Besucher mit einem freundlichen Lächeln begrüßt, die Kurse organisiert, den Verkauf managt. 

Freilichtmuseum Vogtsbauernhof in Gutach
Freilichtmuseum Vogtsbauernhof in Gutach © Hans-Jörg Haas

Rund 6500 Hobbybastler geben sich bei den Lehmanns in der Saison „die Klinke in die Hand“. Einige von ihnen „Wiederholungstäter“, die immer wieder kommen. Gäste, die Ewald Lehmanns vollen Einsatz erfordern wie beispielsweise eine chinesische Gruppe, die sein Zauberkreuz bauen wollte. Sie sprachen kein Englisch, er kein Chinesisch, Verständigung mit Händen und Füßen, im wahrsten Sinn des Wortes. Als die Gäste die Bolzen eingeleimt haben, war nicht nur die Zaube-rei zu Ende, auch Ewald Lehmanns Nerven lagen blank. „Die Arbeit braucht viel Energie und viel Beherrschung, ist immer ein Spagat zwischen Herz und Verstand, und“, so Lehmann, „manches Mal tut es auch weh, wenn man fast schon diskriminierend angegangen wird“. Nachdenkliche Worte, aber grübeln, das ist nicht Ewald Lehmanns Sache. Und so schiebt er gleich hinterher: „Ich bekomme so viel Positives zurück, an manchen Tagen ist es hier wie Weihnachten.“ 
Hier, das ist das Hotzenwaldhaus. Hier ist er in seinem Element, wenn an den Arbeitstischen, die er alle selbst entworfen und gebaut hat, gesägt, gebohrt oder geschraubt wird. Dann unterstützt er, legt mit Hand an, antwortet auf Fragen zum Thema Holz, den Wald, die Vögel im Wald. Fundiert, engagiert, professionell. Bei ihm sind Schulklassen, Seniorengruppen, Urlauber. Letztere kommen meist im August, „das fordert sehr“, so Lehmann, denn „höchstens die Hälfte davon sind Deutsche, Franzosen, Spanier, Italien, Schweizer sind zusätzlich eine sprachliche Herausforderung. Dann heißt es für Ewald Lehmann Französisch, Englisch, Italienisch oder Espagnol zu parlieren. Das Wichtigste hat er sich in diesen Sprachen selbst beigebracht. Und wenn es gar nicht mehr geht? „Dann gibt es vorbereitete Arbeitsblätter.“ Ewald Lehmann grinst, ist Perfektionist, das sieht man auch an den Arbeitstischen. Die sind immer sauber aufgeräumt und das Werkzeug fein säuberlich nummeriert. Weil, so Lehmann, „ein System wichtig ist, damit alles wie am Schnürchen laufen kann.“ 


Das Engagement der Lehmanns, ihr persönlicher, übrigens ehrenamtlicher Einsatz haben die Idee der Offenen Werkstatt im Freilichtmuseum Vogtsbauernhof zum Erfolg geführt. Wie lange sie noch die Hotzenwaldstube zu ihrer „guten Stube“ in den Sommermonaten machen wollen, wissen sie noch nicht. Auf alle Fälle, so lange es Spaß macht und die Gesundheit mitmacht. Fragt man die Besucher, so hoffen diese, dass beides, der Spaß und die Gesundheit, noch lange anhält...


Schwarzwälder Freilichtmuseum Vogtsbauernhof
Museumswerkstatt
77793 Gutach im Kinzigtal
Tel. +49 (0) 7831 93560
www.vogtsbauernhof.de


Text: Gudrun Schillack; 
Fotos: Schwarzwälder Freilichtmuseum Vogtsbauernhof, Tourist Informationen